Theater / Drama

Beschränkte Gesellschaft

Reality Theater

Autor: Elmar Skiba
Besetzung: Damen 2 / Herren 5
Dauer: 90–110 Min.
UA: Spielzeit 1994/95 Koblenzer Stadttheater

Cantus Empfehlung: Reality Theater, gnadenlos direktes Theaterstück über Neonazi-Terror.

In „Pias Pinte“ hat sich die AiA (Ausländer ins Ausland) breit gemacht. Mit ihrem Anführer Zecke an der Spitze will diese braune Gruppierung für ein sauberes Vaterland kämpfen, wobei sie in ihren Mitteln nicht wählerisch ist. Außerdem treffen sich dort im Nebenzimmer gelegentlich Leute aus „besseren Kreisen“ zur sexuellen Freizeitgestaltung, was der AiA so gar nicht in den Kram passt. Und als schließlich noch ein Sinti die Kneipe betritt, ist das Schreckensszenario perfekt!

Besetzungsliste

  • Zecke – Prototyp des Rechtsradikalen. Abneigung gegen alles, was in seinen Augen schwach ist. Extrem ausländerfeindlich. Trägt Bomberjacke, Springerstiefel und Armeehose, die von kriegsordengeschmückten Hosenträgern gehalten wird. Berufs- und arbeitslos. Selbsternannter „Führer“ der AiA (Ausländer ins Ausland), einer braunen Aktions-Gruppe, die sich aus fünf Mitgliedern zusammensetzt und u. a. die NSU-Morde bejubelt. (30-35 J.)
  • Man Usch – Stammt aus einer inzwischen sesshaften Sinti-Familie, ist vollkommen integriert aber auch stolz auf seine Herkunft. Verdient seinen Lebensunterhalt als Fotograf. (30-35 J.)
  • Pia – Besitzerin der Kneipe „Pias Pinte“, Treffpunkt der AiA. Außerdem finden dort einmal im Monat intime Partys für tolerante Menschen statt, darunter auch Ausländer. Tritt zunächst couragiert auf, bis sie selbst Opfer wird. (35-40 J.)
  • Yvonne Zündler – Naive Frau eines einflussreichen Fabrikanten. Organisiert die Sex-Treffs und zwitschert gerne einen. (Um die 50 J.)
  • Manko, Ede, Fips – Einfältige Sprücheklopfer in schmuddeligen Militärklamotten, denen Gewalt willkommen ist. Mitbegründer der AiA und Zecke total hörig. (20-25 J.)

Ausführliche Synopsis

„Pias Pinte“ ist Treffpunkt merkwürdiger Gestalten. Zecke hat sich dort als Anführer der AiA, der Aktion Ausländer ins Ausland, breit gemacht. Mit gewaltstimulierenden Hetz- und Hass-Sprüchen peitscht er die schwelende Aggression gegen alles Nichtdeutsche hoch zur explosiven Mischung aus pseudo-arischen Verirrungen und der vermeintlichen Bedrohung durch alles Fremde, vor der sich zu schützen jedes Mittel legitim erscheint. Zecke jongliert mit wüster Polemik und gießt diese braune Brühe in den staunenden Kreis hündisch ergebener Mitläufer, die sich mit Nazi-Parolen gegenseitig in Stimmung bringen. Geradezu enthusiastisch verfolgen sie deshalb auch die „Heldentaten der NSU“, deren Mitglieder weit über ein Jahrzehnt unentdeckt morden konnten: Acht türkische und ein griechischer Mitbürger sowie eine deutsche Polizistin waren die Opfer; allesamt unbescholten und wehrlos. Im Nebenzimmer von „Pias Pinte“ trifft sich außerdem einmal im Monat eine zweideutige Gesellschaft zur eindeutigen Triebabfuhr, was die Bombe langsam aber stetig mit Sprengstoff füllt. Und als ausgerechnet noch ein Sinti die Szene betritt, ist die Explosion nicht mehr zu vermeiden …

Pressestimmen

Dieses Stück wurde bereits in der Spielzeit 1994/95 im Koblenzer Stadttheater unter Leitung von Intendant Hannes Houska uraufgeführt. Anlass waren damals die schrecklichen Übergriffe rechtsradikaler Gruppen auf Mitbürger ausländischer Abstammung in Städten wie etwa Hoyerswerda, Mölln, Solingen, Rostock oder Lübeck. Inzwischen sind viele Jahre durchs Land gegangen – aber: blieb es uns allen wirklich so lange verborgen, wie fruchtbar dieser Schoss noch immer ist, aus dem einst die größte Schande kroch, von der Deutschland je heimgesucht wurde? Nach den unbeschreiblich grausamen Hinrichtungen an unbescholtenen Mitbürgern aus der Türkei und Griechenland sowie einer jungen deutschen Polizistin durch gefühlsverwahrloste Mordbuben aus dem sogenannten Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) hat Autor Elmar Skiba sein Schauspiel „Beschränkte Gesellschaft“ aktualisiert und so – zwar in fiktiver aber durchaus realitätsnaher Form – das Unvorstellbare vorstellbar in Szene gesetzt.

Wüten, zerstören, erniedrigen, misshandeln
Das Stück kommt spät, aber noch rechtzeitig. Als Warnung gedacht, als aufrüttelndes Schrecknis
Rheinzeitung 17.11.1994

Skiba beschreibt eine Wirklichkeit, die er aus eigenen Recherchen als Polizei- und Gerichtsreporter kennengelernt hat. Der Ex-Journalist arbeitet heute als Sozialpädagoge, damit hat das Stück auch den Charakter eines Lehrstücks gegen vermeintliche Sicherheit in rechtsradikalen Gruppen
StaatsZeitung 12.12.1994

Alltäglichen Faschismus auf die Bühne zu bringen, ist immer problematisch. Als sein eigenes Abziehbild kann er aufgesetzt und unglaubwürdig daherkommen. Till Schult vom Stadttheater in Koblenz hat es trotzdem versucht und den Beifall des Publikums gefunden
Trierischer Volksfreund 20.11.1994

Skiba charakterisiert sein Schauspiel „Beschränkte Gesellschaft“ als Gebrauchstheater …
Eine Geschichte, die mit realistischen Dialogen sicher den Nerv eines jungen Publikums treffen kann
Saarbrücker Zeitung 1994

Theater ist der Ort, der Diskussionen auslösen kann. Das ist wichtig. Eine Lösung muss die Gesellschaft selber finden. Man muss auch nicht in Panik verfallen, angesichts einer Realität, die hier mit den Mitteln des Theater gezeigt wird, aber man darf auch nicht nur darüber lächeln und alles verharmlosen
Rheinzeitung 15.11.94

Es ist durchaus ein politisches Stück und soll zum Gespräch anregen. Wenn es das tut, dann hat das Theater schon seinen Auftrag erfüllt. Das Stück schafft eine Brücke von Vergangenheit zur Gegenwart mit den Mitteln des Theaters. Und Theater bleibt es trotz aller bedrückenden Realität
Rheinzeitung 03.11.94

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